Forschungsprogramm
Das Forschungsprogramm der Forschungsstelle für fundamentale Rechte (FfR) steht als PDF hier zur Verfügung.
Forschungsprogramm der Forschungsstelle für fundamentale Rechte
An der Fakultät für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften (Fakultät III) ist eine Forschungsstelle für Grund- und Menschenrechte gegründet werden: die Forschungsstelle für fundamentale Rechte (FfR). Diese Forschungsstelle widmet sich drei Forschungsschwerpunkten: der Geschichte, der Theorie und der Praxis der Grund- und Menschenrechte als fundamentaler Rechte. Forschungen in diesen Bereichen fanden bereits zuvor an der Fakultät statt; sie wurden aber bislang weitestgehend isoliert voneinander betrieben. Mit der Forschungsstelle werden diese Forschungsaktivitäten gebündelt und intensiviert. Die Praxis wird in der Forschungsstelle aus theoretischer sowie historischer Sicht hinterfragt, wie auch die Theorie und die Geschichtsschreibung sich Anfragen der Praxis im Rechtssystem unserer Tage stellen müssen; hier verfließen die Grenzen zwischen historischer Betrachtung, abstrakter Rechtstheorie und konkreter Rechtswissenschaft – was gerade den Mehrwert einer Forschungsstelle für die Geschichte, die Theorie und die Praxis der Grund- und Menschenrechte unterstreicht.
Forschungsprogramm FfR – Geschichte der Menschenrechte
In historischer Hinsicht macht sich die Forschungsstelle zur Aufgabe, die Geschichte von Menschenrechten in einer langen Sicht sorgfältig zu durchleuchten. Das nämlich ist Grundlage für einen Diskurs, bei dem ideologische und politische Vereinnahmungen, die sich auf vermeintliche historische Argumente stützen, so weit wie möglich ausgeschlossen sind. Eine solche gründliche Analyse setzt einen sinnvollen historischen Begriff von Menschenrechten voraus. Menschenrechte wurden nicht mit den beiden großen Erklärungen des späten 18. Jahrhunderts (Virginia Declaration of Rights 1776 und Déclaration des Droits de l'Homme et du Citoyen 1789) erfunden. Die Vorstellung von naturrechtlich begründeten Fundamentalrechten, die mit dem Menschsein verbunden sind und somit allen Menschen gleichermaßen zustehen sollen, entstand nicht einfach aus dem Nichts heraus. Aber wo sind Spurenelemente davon erstmalig greifbar, wo kommen sie her und was hat sie verstärkt? Ein Leitfaden ist die Wertschätzung des Menschen als Individuum. Sie ist Voraussetzung für die Idee von angeborenen subjektiven Rechten, wie sie dem Mittelalter fremd war. Damit verbunden ist die Vorstellung von einem einheitlichen Wert, der allen Menschen zuteilwird und den wir Würde nennen. Ein anderer Leitfaden ist die praktische Umsetzung fundamentaler Rechte. Dabei geht es um Einschränkung obrigkeitlicher Macht. Ein berühmtes Beispiel ist die Magna Charta von 1215. Mit der Ausweitung subjektiver Rechte auf alle oder zumindest viele Menschen ändern diese ihren Charakter. Was kann ich mit einem Recht zum Schutz meines Eigentums anfangen, wenn ich nichts habe? An diesem Punkt kommen soziale oder auch sozialistische Ideen ins Spiel. Die Welt verändert sich, damit ihre Bedürfnisse und damit auch die Menschenrechte. Das gilt es in all seinen Facetten zu erforschen. Menschenrechte in einem heutigen Sinn von „International Human Rights“ gibt es seit weniger als 100 Jahren. Und seitdem erhielten Menschenrechte noch einmal ein ganz neues Gesicht in Form einer dritten Generation.
Forschungsprogramm FfR – Theorie der Menschenrechte
Die Forschung zur Theorie der fundamentalen Menschenrechte befaßt sich mit dem Begriff der Menschenrechte, mit der Begründung der Menschenrechte (im Rahmen des Begriffs und mit Rückwirkungen auf denselben), mit der (ggf. relativ-notwendigen oder gebotenen) Setzung der Menschenrechte in positives Recht, sei es als Grundrechte in nationales Verfassungsrecht oder als völkerrechtliches Konventionsrecht, und mit dessen Geltungsanspruch im Verhältnis zu dem moralischer Menschenrechte. Ein besonderes Forschungsfeld ist mit den normstrukturellen Grundlagen der Anwendung gesetzter oder moralischer fundamentaler Rechte als abstrakten, also prinzipiellen Gütern befaßt. Die Theorie der fundamentalen Rechte wird also in erster Linie als Theorie der Menschenrechte verstanden, sie ist aber ebenso eine Theorie der Grundrechte. Die an der Forschungsstelle vertretene Theorie versteht fundamentale Rechte als eine besondere Klasse von Rechten im Sinne von Ansprüchen auf etwas, denen fundamentale Pflichten korrespondieren: Die Einhaltung oder Gewährleistung dieser Rechte ist die Pflicht ihrer Adressaten. In diesem Sinne werden fundamentale Rechte zu Legitimationsmaßstäben normativer Ordnungen, insb. nationalstaatlichen Rechts. Menschenrechte stehen im Zentrum der Theorie fundamentaler Rechte. Sie lassen sich als universelle, fundamentale, abstrakte, moralische und prioritäre Rechte definieren (Robert Alexy). Dieser Begriff der Menschenrechte ist Ausgangspunkt des theoretischen Forschungsprogramms der Forschungsstelle; er gilt daher im widerleglichen Sinne als vorläufig. Denn dieser Begriff muß seinem Gegenstand adäquat sein, und das ist er, wenn und soweit die Begriffsmerkmale begründet oder zumindest begründbar sind. Grundrechte sind in mehrfacher Hinsicht von Menschenrechten begrifflich verschieden. Es handelt sich ebenfalls um abstrakte, fundamentale und prioritäre Rechte, die aber nicht moralisch, sondern juridisch sind und nicht universell sondern rechtsordnungsrelativ gelten. Das Verhältnis von Grund-und Menschenrechten ist umstritten. Die Erforschung der Theorie der fundamentalen Rechte dient wesentlich der näheren Aufklärung dieses Verhältnisses.
Forschungsprogramm FfR – Praxis der Menschenrechte
Die Praxis der Grund- und Menschenrechte in Deutschland wie im internationalen Recht steht ebenso im Fokus der Forschungsstelle. Betrachtet wird die Schnittstelle zwischen internationalen, europäischen und deutschen Grund- und Menschenrechten und deren Umsetzung und Verwirklichung durch das einfache Gesetzesrecht, v.a. das Verwaltungsrecht. Bisherige Forschungen zum Recht auf Bildung, das insbesondere im Schulverwaltungsrecht verwirklicht wird, das Elternrecht und die Auswirkungen von Elternschaft und dem menschen-/grundrechtlichen Familienbegriff in anderen Rechtsbereichen, die Gestaltungsmöglichkeiten für die Umsetzung der Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion im Baurecht und zu Anforderungen an die Toleranz gegenüber Behinderten in der Rechtsordnung, sowie zu menschenrechtlich fundiertem Umwelt- und Klimaschutz und der Möglichkeiten und dem Potential der Einbeziehung nicht-menschlicher Akteure in „menschen“-rechtliche Positionen werden in der Forschungsstelle fortgeführt und vertieft. Gleiches gilt für den Forschungsschwerpunkt zu Partizipation und gerichtlichem Rechtsschutz, der v.a. in umweltrechtlichen Zusammenhängen einen klaren menschenrechtlichen Bezug aufweist. Die Betrachtungen werden in der Regel rechtsvergleichend, v.a. auch zwischen den verschiedenen europäischen Regelungsregimes, durchgeführt. Ein spezieller Blick wird auf die Erweiterung des Verpflichtetenkreises geworfen, also die Frage, inwieweit es in liberalen Grundrechtsordnungen möglich sein kann, nicht-staatliche Akteure oder private Einzelpersonen für den Schutz grundrechtlicher Gehalte in die Pflicht zu nehmen.